oder atopisches Ekzem bezeichnete chronisch-entzündliche Hautkrankheit wird immer häufiger. Inzwischen diagnostizieren Ärzte Neurodermitis bei zwölf Prozent aller Schulkinder. Die meisten Betroffenen weisen eine allergische Überempfindlichkeit gegen Pollen, Hausstaubmilben oder bestimmte Nahrungsmittel auf. Wenn Kinder mit Neurodermitis älter werden, erkranken sie oft an allergischem Schnupfen und allergischem Asthma.
Eine ursächliche Therapie der Neurodermitis ist bisher nicht verfügbar. Im Mittelpunkt der Behandlung stehen Hautpflege und entzündungshemmende Salben. Die Behandlung von Neurodermitiskranken mit einer spezifischen Immuntherapie (SIT), häufig auch als Allergie-Impfung oder Hyposensibilisierung bezeichnet, wurde bisher kontrovers diskutiert. Bei einer SIT werden geringe Mengen der allergieauslösenden Substanz – des so genannten Allergens – regelmäßig in ansteigender Dosis unter die Haut injiziert. Die SIT hat bei der Behandlung von allergischem Schnupfen und Insektengiftallergien sehr hohe Erfolgsraten. Oft sind die Patienten nach dieser Therapie dauerhaft von ihrer Allergie geheilt. Eine SIT ist die einzige kausale Behandlungsmöglichkeit gegen Allergien.
Neurodermitis kann sich durch Immuntherapie verbessern
Etwa 60 Prozent der Neurodermitis-Patienten leiden zusätzlich an einer allergischen Atemwegserkrankung, häufig ausgelöst durch Hausstaubmilben. Experten raten den Betroffenen daher, sich von einem Facharzt mit allergologischer Zusatzausbildung behandeln zu lassen. Eine SIT setzten Allergologen bei Neurodermitikern allerdings bisher nur sehr zurückhaltend ein. Hintergrund: Immer wieder wurde gemutmaßt, dass eine SIT die Neurodermitis verschlechtern könnte. Der Hautarzt und Allergologe Professor Alexander Kapp von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAI) gibt jetzt aber Entwarnung: „Die Bedenken, dass eine spezifische Immuntherapie die Symptome einer Neurodermitis verstärkt, müssen nun teilweise revidiert werden. Bei Patienten mit einer Hausstauballergie, die mit einem bestimmten Allergen-Präparat behandelt wurden, nahmen die Beschwerden in einer neuen Studie sogar signifikant ab.“
Kapp und sein Kollege Professor Thomas Werfel von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) stellten im September 2004 auf einem großen Allergie-Kongress in Aachen die Studie über die Immuntherapie bei Neurodermitis vor. 79 Neurodermitis-Patienten mit einer allergischen Überempfindlichkeit gegen Hausstaubmilben waren untersucht worden. „Das primäre Ziel der Studie war, zu zeigen, dass eine spezifische Immuntherapie mit Hausstaubmilben-Allergenen nicht die Hautsymptome verschlechtert“, erklärt Kapp. „Tatsächlich konnten wir feststellen, dass die Beschwerden der Patienten unter dieser Therapie sogar viel besser wurden.“ Außerdem benötigten die mit einer SIT behandelten Patienten weniger antiallergische Medikamente und Kortison.
Kapps Fazit: „Patienten mit einer allergischen Atemwegserkrankung, die gleichzeitig an Neurodermitis leiden, können auf jeden Fall mit einer SIT behandelt werden. Sie sollten sogar eine SIT erhalten, wenn die allergische Atemwegserkrankung dies erfordert. Die SIT ist die bisher einzige Möglichkeit für sie, ihre Beschwerden dauerhaft loszuwerden.“ Kapp ist zuversichtlich, dass die SIT zukünftig auch als Therapie gegen die Neurodermitis selbst empfohlen werden wird: „Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass sich Neurodermitis durch eine SIT bessert. Allerdings benötigen wir für eine entsprechende Therapieempfehlung noch weitere aussagekräftige Studien.“