die auf bestimmte Pollen oder auf Hausstaubmilben mit allergischem Schnupfen reagieren, sind gefährdet. „Mehr als jedes dritte Kind, das heute Heuschnupfen hat, leidet später an Asthma“, sagt dazu Professor Wolfgang Leupold vom Ärzteverband deutscher Allergologen (ÄDA). Ursache: Die allergische Entzündung breitet sich von der Nasenschleimhaut auf die Schleimhaut der Bronchien aus – „Etagenwechsel“ nennen Mediziner dieser Vorgang.

Leider wird Asthma bei Kindern oft unterschätzt. Viele Väter und Mütter bemerken nicht, wie krank ihr Kind tatsächlich ist. Nach den Ergebnissen der so genannten AIRE-Studie sind in Europa über 60 Prozent der Eltern, deren Kind täglich Zeichen schweren Asthmas wie Luftnot, pfeifende Atmung oder Husten zeigt, der Ansicht, die Krankheit sei gut unter Kontrolle. Eine neuere amerikanische Untersuchung kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Auch viele Mediziner bewerten den Gesundheitszustand ihrer kleinen Patienten falsch. In den USA schätzten in einer Studie die behandelnden Ärzte nur bei 40 Prozent der Kinder, die dauerhaft an Asthma litten, die Schwere der Erkrankung richtig ein. Eine Ursache solcher Fehleinschätzungen ist die Tatsache, dass sich Asthma bei Kindern mit Symptomen bemerkbar machen kann, die man nicht sofort mit der Erkrankung in Verbindung bringt. So ist häufiges Räuspern manchmal das einzige Krankheitszeichen.

Behandlungsmöglichkeiten zu selten genutzt

Wenn Eltern und Ärzte nicht erkennen, dass oder wie schwer ein Kind an Asthma leidet, kann auch keine angemessene Behandlung erfolgen. Die AIRE-Studie zeigt, dass asthmakranke Kinder oft nicht gemäß der aktuellen Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften therapiert werden. Viele von ihnen inhalieren zum Beispiel kein entzündungshemmendes Asthmaspray. Bei Asthma aufgrund einer Allergie steht eine weitere wirkungsvolle Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung: Die spezifische Immuntherapie (oft auch „Allergie-Impfung“ genannt). Sie kann Asthma bei Kindern mit allergischem Schnupfen verhindern und bereits bestehendes Asthma bessern oder sogar heilen. „Eine spezifische Immuntherapie macht das Immunsystem unempfindlich gegen die allergieauslösenden Substanzen. Der Körper lernt, Pollen, Hausstaubmilben oder andere Allergieauslöser wieder zu tolerieren“, so Leupold.

Bei der spezifischen Immuntherapie wird den Patienten regelmäßig ein molekular standardisiertes Allergen-Präparat unter die Haut gespritzt. Die Behandlung erzielt beeindruckende Erfolge: In der so genannten PAT-Studie wurden 205 Kinder untersucht, die allergisch auf Gräser- oder Birkenpollen reagierten. Die eine Hälfte von ihnen erhielt nur Medikamente, die die Symptome linderten, die andere Hälfte zusätzlich eine Allergie-Impfung. Nach drei Jahren waren 44 Prozent der Kinder, die lediglich mit Medikamenten zur Symptomlinderung behandelt wurden, an Asthma erkrankt. Bei den Kindern, die eine spezifische Immuntherapie erhalten hatten, waren dagegen nur 24 Prozent betroffen. Die Hälfte der Asthmaerkrankungen wurde also verhindert. Andere Studien zeigen dar-über hinaus, dass die Behandlung bei bereits bestehendem Asthma die Beschwerden deutlich lindert oder sogar ganz zum Verschwinden bringt. Auch Kinder vertragen die Behandlung in aller Regel sehr gut. Der ÄDA und die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI) empfehlen, bei allergischem Asthma einen auf Allergien spezialisierten Facharzt aufzusuchen. Er kann prüfen, ob eine spezifische Immuntherapie durchgeführt werden sollte.

Unterversorgung – Entwicklungsstörungen und dauerhafte Lungenschäden drohen

Dass eine effektive Therapie extrem wichtig ist, wird an den Folgen des unbehandelten Asthmas deutlich. Wie bei anderen chronischen Erkrankungen drohen den Kindern körperliche und geistige Entwicklungsdefizite, Unsicherheit im Umgang mit anderen, Verhaltensstörungen wie Aggressivität und andere Auffälligkeiten. Warum es dazu kommt, liegt auf der Hand: „Ein Kind, das schlecht Luft bekommt, sobald es sich anstrengt und deshalb nicht mit seinen Freunden tobt oder am Schulsport teilnimmt, kann sich körperlich nicht optimal entwickeln und wird schnell zum Außenseiter. Und wer oft wegen Asthmabeschwerden in der Schule fehlt, hat es schwerer, gute Leistungen zu erbringen“, erläutert der Allergologe und Kinderarzt Leupold. Laut AIRE-Studie sind fast 30 Prozent der asthmakranken Kinder in Europa beim Sport beeinträchtigt und über 40 Prozent konnten während des letzten Jahres wegen ihrer Erkrankung zeitweise die Schule nicht besuchen. Zusätzlich bestehen weitere Risiken: Bei einem Teil der Kinder wird die Lunge durch das Asthma dauerhaft geschädigt – ein Prozess, der mit der Entwicklung einer Raucherlunge vergleichbar ist. Diese Gefahr steigt, wenn die Krankheit nicht konsequent mit entzündungshemmenden Asthmasprays behandelt wird. Außerdem können die Atemwege bei unzureichender Therapie immer empfindlicher werden. Asthmaanfälle treten dann auch bei Reizen auf, die ursprünglich keine Luftnot verursacht haben, zum Beispiel bei geringer Anstrengung oder kalter Luft. Diese gefährliche Asthma-„Karriere“ sollten Ärzte und Eltern den Kindern ersparen.