Haustiere für allergiekranke Kinder – ein heikles Thema
Viele Menschen können sich ein Leben ohne Hund oder Katze nicht vorstellen. Die Freude am felltragenden Mitbewohner
kann aber sehr getrübt werden, wenn es bei dem Besitzer oder einem Familienmitglied zu einer Tierhaar-Allergie kommt. Die Betroffenen kämpfen mit gesundheitlichen Problemen wie Niesen, Augenjucken oder Atemnot. Zwar steht mit der spezifischen Immuntherapie eine langfristig erfolgreiche Behandlung gegen Tierhaar-Allergien zur Verfügung. Trotzdem führt an der Trennung vom geliebten Haustier manchmal kein Weg vorbei. Deshalb empfehlen Allergologen Familien, in denen Allergien häufig vorkommen, ein Haustier gar nicht erst anzuschaffen. Lange galt es als sicher, dass das Halten von Katzen in der Kindheit ein Risikofaktor für das Auftreten von Allergien und Asthma ist. An dieser Theorie sind allerdings in letzter Zeit Zweifel aufgetaucht. Ob Haustiere Allergien begünstigen oder vielleicht sogar davor schützen, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Ergebnisse der Studien widersprechen sich.
Verwirrende Studienergebnisse
Fest steht, dass das Asthmarisiko steigt, wenn sich früh eine Überempfindlichkeit gegen Katzenhaarallergene entwickelt. Auf der anderen Seite kann die Gesellschaft von mehreren Katzen in der Kindheit auch einen gewissen Schutz vor Asthma bieten. Eine 2002 veröffentlichte Studie zeigte, dass Kinder, die mit mehreren Katzen oder Hunden aufwachsen, im Vergleich zu Kindern ohne Tiere ein etwa um die Hälfte vermindertes Asthmarisiko haben.
Wie eine große europäische Untersuchung vom August 2003 mit über 18.000 Teilnehmern ergab, hängt das Allergierisiko von der im Haus lebenden Tierart und von der Anzahl der Katzen in der weiteren Umgebung ab. Das Zusammenleben mit einer Katze in der Kindheit scheint nur dann zu einem höheren Asthmarisiko im Erwachsenenalter zu führen, wenn in der Umgebung sonst wenige Katzen vorkommen. Die Ursache für den Allergie- und Asthmaschutz durch viele Tiere kann eine Toleranzentwicklung aufgrund der hohen Allergenkonzentration in der Umgebung sein. Möglicherweise spielt auch eine Rolle, dass im Umfeld von Tieren bestimmte Moleküle aus Bakterienzellwänden, so genannte Endotoxine, häufiger vorkommen. Der Kontakt mit Endotoxinen in Ställen bietet Kindern, die auf Bauernhöfen leben, einen Allergieschutz. Das belegen mehrere Untersuchungen. Endotoxine können bereits bestehende allergische Atemwegserkrankung andererseits auch verschlechtern.
Katzen sind häufiger Ursache einer Allergie als Hunde. Einer amerikanischen Studie zufolge lösen Hunde aber eine stärkere allergische Reaktion aus als Katzen. Bei Menschen mit Asthma aufgrund einer Allergie gegen Hunde stellten die Studienärzte eine besonders stark beeinträchtigte Lungenfunktion fest. Von den 809 Asthmapatienten, die im Rahmen der Studie untersucht worden waren, litten allerdings nur 38 Prozent unter einer Hundehaar-Allergie. Eine Allergie gegen Katzen hatten dagegen 70 Prozent der Asthmakranken.
Trennung vom Haustier manchmal unumgänglich
Allergologen wie Professor Dr. Gerhard Schultze-Werninghaus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI), empfehlen bei einer bereits bestehenden Tierhaar-Allergie, dem auslösenden Tier so weit wie möglich aus dem Wege zu gehen. Menschen, die auf ihre eigenen Haustiere allergisch reagieren, haben damit natürlich Probleme. „Bei einer Allergie auf das Haustier sollte der Hund oder die Katze nicht ins Schlafzimmer gelassen werden“, so Schultze-Werninghaus. „Wenn die allergischen Beschwerden sich trotz antiallergischer Therapie verschlimmern, muss das Haustier leider in andere Hände gegeben werden.“
Vor allem bei einer Katzenhaar-Allergie gibt es vor den Allergieauslösern aber praktisch kein Entkommen – nicht einmal, wenn die eigene Katze abgeschafft wird. Sogar an Plätzen, an denen noch nie eine Katze war, finden sich Allergene aus dem Fell der Stubentiger, denn die winzigen und federleichten Substanzen werden auf der Kleidung von Katzenbesitzern überall hin getragen. Schultze-Werninghaus rät deshalb vor allem bei Katzenhaar-Allergien zu dem Versuch mit einer spezifischen Immuntherapie (Hyposensibilisierung). Hierbei wird den Patienten regelmäßig ein Allergen-Präparat verabreicht. Das Immunsystem gewöhnt sich durch die Behandlung an die Allergieauslöser und reagiert schließlich nicht mehr überempfindlich. Eine spezifische Immuntherapie bessert einen allergischen Schnupfen in den meisten Fällen. Der Behandlungserfolg hält jahrelang an. Auch allergisches Asthma lässt sich mit dieser Methode erfolgreich behandeln. Experten empfehlen die Therapie bei durch Tiere ausgelöstem Asthma jedoch nur, wenn Maßnahmen, den Tieren aus dem Wege zu gehen, versagt haben oder nicht möglich sind.