auf die Kleine Anfrage Gefahren bei der Patientenversorgung mit nicht zugelassenen Therapieallergenen der Fraktion der CDU/CSU (Drucksache 20/3042) und die Antwort der Bundesregierung (Drucksache 20/3180)
 

 
Wiesbaden, Berlin, Dresden am 13.09.2022
Die allergologischen Fachgesellschaften Deutschlands haben mit Interesse die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Gefahren bei der Patientenversorgung mit nicht zugelassenen Therapieallergenen zur Kenntnis genommen.

Völlig korrekt wird hierin auf die hohe Bedeutung allergischer Erkrankungen wie z.B. allergisches Asthma, allergische Rhinitis (Heuschnupfen), Nahrungsmittelallergien u.a. hingewiesen und das von uns herausgegebene Weißbuch Allergologie zitiert (Klimek/Vogelberg/Werfel: Weißbuch Allergie in Deutschland, Springer-Verlag, 4. Auflage, 2019).

Des Weiteren wird korrekt auf die hohe Bedeutung der Allergen-Immuntherapie zur Behandlung dieser Erkrankungen hingewiesen.
Leider sind die im Weiteren hierzu von den Abgeordneten Merz und Dobrindt im Namen der CDU/CSU-Fraktion gestellten Fragen und gezogenen Schlussfolgerungen jedoch sachfremd und für die Behandlung der allergischen Patientinnen/Patienten in Deutschland hinderlich.
Gefahren für die Patientenversorgung gehen von den hier angesprochenen nicht zugelassenen Therapieallergenen keineswegs aus, wohl aber von einer insgesamt mangelhaften Versorgung allergischer Patienten in Deutschland.  

Hintergrund:
Die Allergen-Immuntherapie ist die einzige kausale Behandlungsform von Allergien. Gesetzliche Regelungen für das Inverkehrbringen der hierfür benötigten Therapieallergene unterscheiden medizinisch sinnvoll zwischen seltenen und häufigen Therapieallergenen, von denen die häufigen nach Arzneimittelgesetz (AMG) und Therapieallergene-Verordnung (TAV) einer Zulassungspflicht unterliegen. Derzeit besteht eine Übergangsfrist, in der Herstellern die Möglichkeit gegeben wird, entsprechende Studien durchzuführen und dem Paul Ehrlich Institut (PEI) die für die Zulassung notwendigen Daten einzureichen.

Dieses Vorgehen und die Handhabung der Zulassungsprüfungen durch das PEI halten wir für vorbildlich und ausgesprochen Patienten-orientiert. Nicht alle Behörden haben unter Aufsicht der CDU/CSU in den letzten 16 Jahren ihre Aufgaben in der Gesundheitsversorgung so effizient erfüllt.
Wir stellen fest, dass für die deutschen Allergologinnen/Allergologen durch diese sachgerechte und konsequente Handhabung des PEI die Versorgung vieler Millionen allergischer Patientinnen/Patienten in Deutschland überhaupt möglich blieb. Umso verwunderlicher ist es, dass die Dauer des Zulassungsverfahrens angeprangert wird, die sich im üblichen Rahmen einer generellen Zulassungsdauer und des gesetzlich vorgeschriebenen Rahmens bewegt. 

Weitere Ausführungen der Fraktion der CDU/CSU zu Therapieallergenen sind von erschreckender Unkenntnis der Antragsteller gekennzeichnet, die wir als allergologische Fachgesellschaften der CDU/CSU-Fraktion durch eine medizinisch-wissenschaftliche Vorab-Beratung gern erspart hätten.

In der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU wird der Eindruck erweckt, dass alle im Markt befindlichen verkehrsfähigen (TAV) Therapieallergene unwirksam sind. Dabei lässt die Fraktion der CDU/CSU unberücksichtigt, dass das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), bei fehlendem Nachweis der Wirksamkeit in klinischen Studien und / oder Hinweisen auf mangelnde Produktsicherheit, die Chargenfreigabe bis hin zur Versagung der Zulassung verwehrt. In Fachkreisen ist bekannt, dass neben der Effektivität der Marktdosis in PH II Studien auch die Wirksamkeit und die Sicherheit in PH III DBPC Studien bei einigen verkehrsfähigen (TAV) Therapieallergenen belegt wurde. Daher kommen die Autoren/innen der kürzlich (07.09.2022) veröffentlichten Leitlinie zur Allergen-Immuntherapie (AIT) zu folgender Empfehlung:
„Zugelassene oder anderweitig verkehrsfähige Allergenpräparate, die eine positive Nutzen-Risiko-Bilanz gemäß EMA-Guidelines zeigen, sollen bevorzugt eingesetzt werden."
Der Wirksamkeitsnachweis der Therapieallergene steht im Vordergrund, nicht allein der Zulassungsstatus. Maßgeblich ist ebenso die Wirtschaftlichkeit der Therapie. Hierbei kommt es auf die Therapiekosten über 3 Jahre und die Adhärenz an.

Besonders betroffen macht uns in der Anfrage der Satz (wörtliches Zitat): „Vollends pervertiert wird nach Auffassung der Fragesteller die Situation beim Einsatz von Therapieallergenen für Kinder, denen in der Praxis statt der zumindest für Erwachsene zugelassenen Therapieallergene unter Berufung auf ihre Verkehrsfähigkeit in hohem Maße nicht-zugelassene Therapieallergene verabreicht werden“.
Aus unserer Sicht - als der die Versorgung durchführenden Allergologinnen/Allergologen und Kinderärztinnen/Kinderärzte - ist diese Aussage zynisch und unzutreffend. Keineswegs ist nämlich dies das Problem der Versorgung allergiekranker Kinder, sondern die systematische Unterfinanzierung der Diagnostik und Therapie allergischer Patientinnen/Patienten. Die in der Anfrage dargestellten Anforderungen würden die Behandlung allergischer Kinder hingegen weiter verschlechtern.

Wir begrüßen und unterstützen daher die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, stellen aber gleichzeitig fest, dass auch die derzeitige Bundesregierung die vielfältigen grundlegenden Probleme der Diagnostik und Behandlung allergischer Patientinnen/Patienten in Deutschland bislang nicht adressiert hat.

Wir stehen jederzeit gern allen Fraktionen des deutschen Bundestages zur Diskussion von Lösungsansätzen zur Verbesserung der Versorgungssituation insbesondere von schwer betroffener Allergikerinnen/Allergikern zur Verfügung. Wir haben ein Konzept für einen nationalen Allergieplan vorbereitet und würden diesen sehr gern gemeinsam mit Ihnen auf den Weg bringen.
 
 
Professor Dr. med. Ludger Klimek, Allergiezentrum Wiesbaden (Präsident des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen)
Professorin Dr. med. Margitta Worm, Charité Berlin (Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie)
Professor Dr. med. Christian Vogelberg, Universitätsklinikum Dresden (Präsident der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie)


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Für Interview-Anfragen stehen Ihnen die Expertinnen/Experten des AeDA / der DGAKI / der GPA gern zur Verfügung.

Weitere Informationen zu den Gesellschaften finden Sie hier:
Ärzteverband Deutscher Allergologen e. V.
Deutsche Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI) e. V.
Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V.
Pressekontakt:
AeDA Geschäftsstelle
Julia Khan-Rieck & Jutta Nungesser
Telefon: +49 611 950080 -286 / -287
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Ärzteverband Deutscher Allergologen e.V. (AeDA)
Geschäftsstelle
An den Quellen 10
65183 Wiesbaden
Zentrale: +49 611 950080-00
Fax:        +49 611 950080-90
www.aeda.de

Sitz: An den Quellen 10, 65183 Wiesbaden (Amtsgericht Köln, Vereinsregister-Nr.: 43 VR 63 89)
Vorstand: Prof. Dr. med. Ludger Klimek (Präsident), Prof. Dr. med. Thomas Fuchs (Vizepräsident), Prof. Dr. med. Wolfgang Schlenter (Schatzmeister)

Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1)

Hintergrund
Allergien werden heutzutage wegen der Häufigkeit ihres Auftretens und ihrer hohen sozioökonomischen Bedeutung für die Betroffenen und das Gesundheitssystem
zu Recht als „Volkskrankheit“ bezeichnet.
Allergische Erkrankungen haben in den letzten Jahrzehnten in vielen Regionen der Welt dramatisch zugenommen, ohne dass für diese Zunahme ein exaktes
Erklärungsmodell gefunden werden konnte. Allgemein wird die Zunahme mit verschiedenen Aspekten unseres „westlichen Lebensstils“ in Verbindung gebracht [2]. Ein Beweis für diese Hypothese
fand sich nach der Wiedervereinigung in Deutschland. In den neuen Bundesländern war die Häufigkeit allergischer Erkrankungen trotz höherer Luftverschmutzung
deutlich niedriger als in den alten Bundesländern [3, 4]. Inzwischen hat sich mit der Angleichung der Lebensstile auch die Prävalenz der Allergien
zwischen Ost und West angeglichen.
Ergebnisse einer umfassenden Patientenkohorte in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung

Zusammenfassung
Hintergrund: Die Zahl der Patienten mit allergischen Erkrankungen nimmt weltweit, vor allem in den Industrienationen, zu. Experten schätzen, dass nur etwa 10 % der allergischen Patienten entsprechend den aktuellen Leitlinien behandelt werden.
Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Versorgungssituation von gesetzlich versicherten Patienten mit allergischen Atemwegserkrankungen abzubilden und diese im Hinblick auf potenzielle Einüsse zu untersuchen, die durch die zum 1. Januar 2009 eingeführten Regelleistungsvolumina entstanden sind. Hierzu wurde das Diagnose- und erapieverhalten allergologisch tätiger Ärzte anhand der Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung von 2007 bis 2010 analysiert.

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der 8. Deutsche Allergiekongress in Bochum war ein voller Erfolg.
Die größte Versorgungsstudie Deutschlands (Wasem-Studie – Anhang 1) wurde zum Kongress publiziert. Infolge der dramatischen Unterversorgung trotz Zunahme der Allergiehäufigkeit (Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) – Anhang 2) wurde ein Schulterschluss aller allergologisch klinisch tätigen Ärzte und Wissenschaftler geschaffen.
In der Podiumsveranstaltung am 7.9.13 wurde das Aktionsforum für Allergologie (Anhang 3) der Öffentlichkeit vorgestellt. Dem Vertreter der KBV wurde unsere
Forderung zur bundesweiteren extrabudgetären Förderung aller allergologischen Leistungen verbunden mit dem Erhalt des allergologischen Facharztlabors (einschl.
Einsendelabors) übergeben, um die Versorgung rasch zu verbessern.
Heidenheim, den 16.08.13

Sehr geehrter Herr Prof. Wehrmann,
allergische Erkrankungen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Rund 20 Prozent der Menschen in Deutschland leiden im Laufe ihres Lebens an einer allergischen Erkrankung. Eine neue Studie der Universität Duisburg-Essen zeigt gleichzeitig große Versorgungsdefizite: Nur ein Bruchteil der Allergiker erhält eine kausale
Therapie, etwa durch eine Hyposensibilisierungsbehandlung.

Die Gründe für die Unterversorgung sind vielgestaltig: